Die Wallfahrt zum Bogenberg

Die beiden ältesten Fußwallfahrten zur Gnadenmutter von Bogenberg, so weiß man auf dem Bogenberg zu berichten, sind jene aus Grafentraubach und aus Reisbach. Beide sind 1425 erstmalig erwähnt. 
Die Wirren der Reformation und der 30-jährige Krieg konnten die Wallfahrt wohl zeitlich unterbrechen, aber nicht in Vergessenheit geraten lassen. Noch heute pilgern Reisbachs Bürger zur „Muttergottes in der Hoffnung“ auf den Bogenberg. Sie laden weiterhin ihre Sorgen um Gesundheit und Familie, bei Unglück und wirtschaftlichen Schwierigkeiten dort ab.
Der Grund, der zu dem Wallfahrtsgelöbnis geführt hat, das „auf ewige Zeiten ausgelegt“ ist, ist nicht genau bekannt. Es gibt in der mündlichen Überlieferung zwei Lesarten der Entstehung. Die eine sagt, dass die Wallfahrt in einer Pestperiode versprochen worden sei, die andere, dass schwere Hagelunwetter über mehrere Jahre hinweg die Reisbacher dazu bewogen hätten, diese Wallfahrt zu versprechen.
Für die Pestwallfahrt spricht die Tatsache, dass in einer Flurkarte von Reisbach von 1826  außerhalb des Ortes, ungefähr wo jetzt der Friedhof zu finden ist, eine kleine Begräbnisstätte eingezeichnet war, bei der es sich um einen Pestfriedhof handeln könnte, der sich über Jahrhunderte bis in die damalige Zeit erhalten hat.
Für eine Gelübde-Wallfahrt aufgrund eines Hagelunwetters spricht, dass die Wallfahrt bis 1964 diese Wallfahrt immer am Fest Kreuzauffindung durchgeführt wurde und bis 1901 „Kreuzgang zum Bogenberg“ genannt wurde. Ab dem Fest Kreuzauffindung wurde früher der Wettersegen gespendet.
Pilgerten früher die Reisbacher immer am 3. und 4. Mai zum Bogenberg, so in den letzten Jahrzehnten am letzten Freitag und Samstag im April.

Die Reisbacher Bogenbergwallfahrt ist eine Wallfahrt der Gemeinden Reisbach, Niederreisbach und Reith. Die Pfarrei Reisbach ist jedoch mit der Durchführung und der Organisation beauftragt. Die Finanzierung wurde von den Gemeinden (jetzt von der Marktgemeinde) getragen. Bis zum Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde in den einzelnen Gemeinden durch die Gemeindediener eine Haussammlung zur Finanzierung der Wallfahrt durchgeführt. Der Pilgerzug wurde in jedem Dorf, das eine Kirche hatte „durchgeläutet“ und der jeweilige Mesner wurde aus der Kasse dafür bezahlt. Des- weiteren wurde der Kreuzträger und der Fahnenträger entlohnt. Die Unterkunft und die Verköstigung der Ministranten und des Geistlichen wurden beglichen. Auf dem Bogenberg musste der Mesner, der Organist und die Gebühr für den Gottesdienst bezahlt werden. Seit der Gebietsreform wird nicht mehr gesammelt, sondern die Unkosten werden aus dem Gemeindehaushalt gedeckt.

Nun zum Ablauf der Wallfahrt:
Bis zum Jahr 1916 ist die ganze Strecke zu Fuß zurückgelegt worden. In Schambach wurde vor dem Übersetzen mit der Fähre eine längere Pause eingelegt. Nach dem Übersetzen war auf halber Höhe des Bogenberges die sogenannte Bergpredigt im Freien, die vom begleitenden Geistlichen gehalten wurde. Nach der Predigt ging es dann zur Wallfahrtskirche, wo, so wie auch heute noch üblich, der Empfang der Wallfahrer durch den Wallfahrtspfarrer war. Nach dieser Andacht war es Zeit, sich ein Quartier für die Nacht zu suchen. In der Stadt Bogen hatten die Wallfahrer ihre Stammquartiere. Abends war dann in der Wallfahrtskirche noch Beichtgelegenheit, die von vielen genutzt wurde. Am nächsten Tag wurde dann in der Frühe der Wallfahrtsgottesdienst gefeiert. Anschließend führte die Fußwallfahrt nach Reisbach zurück.  Soweit der Ablauf des „Bogengehens“ vor dem 1. Weltkrieg.
Ab dem Jahr 1916 wurde ein Teil der Strecke mit der Bahn zurückgelegt. In den Jahren zwischen 1942 bis 1947 fiel die Bogenbergwallfahrt aus.  (Bild von Herrn Oswald oder von Frau Bergbauer)
1954 wird von 243 Teilnehmern berichtet. Seit 1964 wird ein Teil der Wallfahrtsstrecke (von Griesbach bis Straßkirchen, später bis Oberaltaich und zuletzt bis zum Fuß des Bogenberges) mit Bussen zurückgelegt.
1975 machte die Kolpingjugend einen Neuanfang. Erstmalig nach langer Pause gingen Jugendliche und Erwachsene die gesamte Strecke von ca. 50 km wieder zu Fuß. 
Bei den Bogenbergwallfahrten wurde neben dem Prozessionskreuz auch eine Fahne mitgetragen. Verschiedene Fahnen wurden benutzt, u.a. die Fahne der Kirche Reith mit dem Bildnis des hl. Stephanus und die Fahne der ehemaligen Jungfrauenkongregation. Pfarrer Riedl regte 1981 an, dass eine im Kloster Aiterhofen gestickte Wallfahrtsstandarte mit dem Bild unserer Pfarrkirche und dem Reisbacher Wappen auf der einen Seite sowie dem Bild unserer Lieben Frau vom Bogenberg auf der anderen Seite der Wallfahrergruppe vorangetragen wird. Finanziert wurde sie von Kirchenstiftung und Marktgemeinde zu je geleichen Teilen. 

Derzeit beteiligen sich alljährlich ca. 100 Reisbacher an der traditionellen Bogenbergwallfahrt, aufgeteilt in drei Gruppen: die erste (kleine Gruppe) beginnt die Fußwallfahrt am letzten Freitag im April um 19.00 Uhr mit einer Andacht in der Salvatorkirche und legt die gesamte Strecke zu Fuß zurück. Die zweite Gruppe trifft sich am letzten Samstag im April um 7.00 Uhr in der Pfarrkirche, geht betend bis Griesbach, fährt von dort bis zum Fuß des Bogenberges und setzt die Fußwallfahrt zum Heiligtum fort. Die dritte Gruppe kommt mit dem Bus oder mit Autos auf den Berg. Um 10.00 Uhr findet der gemeinsame Wallfahrtsgottesdienst statt. Nach der Mittagspause endet die Wallfahrt mit einer Andacht.  Die letzte Wegstrecke heimwärts wird ab Reisbach bis zur Pfarrkirche wieder Fuß zurückgelegt, wo die Wallfahrt mit einem eucharistischen Segen endet.

Josef Oswald  / Martin Ramoser

Literatur: Josef Oswald, Wallfahrten, Bittgänge und Prozessionen im Wandel der Zeiten in er Pfarrei Reisbach, Teil 1 in:  Reisbacher Pfarrzeitung vom 30.9.2001, S. 33 – 40